Geschichten, Gedichte, Essays
von Jens Grabarske
Das Kleingedruckte
Verträge haben ja immer Klauseln, die einen überrumpeln. Auch... besondere Verträge...

Das Bild, “Smallprint on Crackdown box” von cosmic_spanner, wurde durch die CC BY-SA 2.0 lizensiert.

Dieser Text wurde auf dem Hammer Poetry Slam im Dezember 2013 vorgetragen. Hier eine Aufnahme, der Text findet sich dadrunter:


Blauer Rauch stieg aus der kleinen Flasche auf und formte sich in die Gestalt eines orientalisch gekleideten Mannes, der mit vor der Brust verschränkten Armen denjenigen musterte, der den Behälter gerade noch rieb.

“Oh, Efendim, ich danke dir, dass du mich aus der Flasche befreit hast und gewähre dir daher drei Wünsche!” spulte er etwas routiniert und gelangweilt ab.

Der “Efendim” rückte seine Brille zurecht und legte den Kopf schief.

“Wie, drei Wünsche?” fragte er.

“Na, drei Wünsche halt!”

“Egal was?”

“Egal was!”

“Gut. Dann wünsche ich, dass du einen Stein trägst, der so schwer ist, dass du ihn nicht tragen kannst.”

Der Flaschengeist schaute ihn ohne Regung an. “Sehr witzig! Efendim hat wohl ein Logikbuch gelesen. Nein, das geht natürlich nicht!”

“Also,” verkündete der Reibende, “ist es also nicht richtig, dass es egal ist, welchen Wunsch ich stelle.”

Der Dschinn seufzte tief und langanhaltend. “Alle 500 Jahre trifft man auf einen Klugsch… Ich meine, Ihr habt Recht, erhabener Efendim, die Wünsche müssen frei von Selbstbezüglichkeiten sein. Es kann also kein Wunsch erfüllt werden, dessen Erfüllung sich selbst ausschließt!”

Der Reibende nickte. “Wie sieht es denn aus mir zu wünschen, dass ich mir unendlich viele Wünsche wünschen könnte?”

“Verbietet die Gewerkschaft.”

“Schade. Das wäre mein erster Wunsch gewesen.”

Der Dschinn lächelte ein wenig “Tja, kann man nichts machen.”

“Wo wir aber gerade dabei sind, wie sieht es denn mit der Gewährleistung aus?”

“Wie… Gewährleistung?”

“Nun ja… nach der aktuellen Rechtslage ist das hier ja ein Haustürgeschäft. Was ist, wenn ich mit einem Wunsch nicht zufrieden bin? Habe ich dann Garantie für die Rückgabe? Oder habe ich ein Umtauschrecht? Wie sieht es mit Haftung im Falle von Wünschen aus, die sich erst ganz gut anfühlten, aber dann nach 2 Jahren nicht mehr den Ansprüchen genügen? Und kann ich innerhalb von zwei Wochen von dem Geschäft zurück treten?”

Der Geist stand mit offenem Mund da. “Sagt nichts, lasst mich raten. Ihr seid Anwalt, Efendim.”

“Woher wisst ihr das?”

“War nur so ein Gefühl. Aber nein, es gibt keine Gewährleistung für Wünsche.”

“Was, wenn ich mir eine wünsche?”

Der Dschinn überlegte. “Gut, in Ordnung, das könntet ihr tun.”

“Gut, ich wünsche mir eine Garantie für die zwei verbleibenden Wünsche. Sollte einer der Wünsche mangelhaft umgesetzt sein, darf ich diesen zurückgeben und mir einen neuen machen.”

Der Geist schnippte mit den Fingern. “Geschehen. Und wie sind jetzt eure zwei anderen Wünsche?”

“Halt Stopp,” sagte der Reibende, “ich habe gerade eine Sache nicht bedacht. Es könnte ja sein, dass ein Wunsch zwar zu meiner Zufriedenheit erfüllt wurde, es aber Folgeschäden gibt, zum Beispiel durch Funkenschlag oder Feuer oder andere Wechselwirkungen.”

Der Geist seufzte und setzte sich auf eine nahe Bank.

“Also,” sagte der Efendim unbeeindruckt, “wünsche ich mir eine Versicherung für den dritten, verbleibenden Wunsch, nach der im Falle von Folgeschäden es ebenfalls Ersatz gibt.”

Mit einem Fingerschnipp wurde auch dieser umgesetzt.

Der Geist überlegte kurz und sagte dann: “Efendim - habt ihr eigentlich auch überlegt, was passiert, wenn ihr ablebt? Eure Familie sollte vielleicht von dem Wunsch auch profitieren!”

“Ach verdammt,” rief er, “ich wünschte, ich hätte daran gedacht.”

“So sei es!” rief der Geist, schnippte mit den Fingern und verschwand in der Flasche. “Anwälte…” dachte der Geist und nahm sich vor, die AGB genau auszuformulieren.


Last modified on 2013-12-20